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24. Januar 2023

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Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende: Das sind die Kernpunkte des Beschlusses

Das Bundeskabinett hat am 11. Januar 2023 den Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende beschlossen. Das erklärte Ziel ist hierbei,

  • den Smart-Meter-Rollout zu beschleunigen,
  • Rahmenbedingungen zu entbürokratisieren,
  • Rechtssicherheit zu schaffen und
  • die Digitalisierung der Netze voranzutreiben.

Im Gesetzentwurf sind einige Kernpunkte verankert, die wir hier im Blogeintrag genauer betrachten.

Gesetzlicher Fahrplan für den Smart-Meter-Rollout

In den letzten Jahren gab es diverse Herausforderungen beim Smart-Meter-Rollout. Die Einarbeitung und der Wissensaufbau in das Thema Smart Metering inklusive der technischen Hintergründe war dabei nur der initiale Aspekt.
Die Notwendigkeit einer Marktanalyse und Markterklärung durch das BSI wie auch die 3-Hersteller-Regel haben den Rollout-Start verzögert und die Planung der betroffenen Unternehmen erschwert. Hinzu kamen Schwierigkeiten bei der Geräte- und Technikakquise, insbesondere und pandemiebedingt auch bei den Computer-Chips. Hier steuert der Gesetzgeber nach, die 3-Hersteller-Regel sowie die Marktanalyse & Markterklärung durch das BSI entfallen.
Weiterhin werden die Rollout-Quoten und zugehörige Fristen bis zum Zieljahr 2030/2032 festgelegt:

Diagramm Rollout-Gruppen

Agiler Rollout wird ermöglicht

Die Anwendungen Protokollierung, Fernsteuerbarkeit und Übermittlung von Stammdaten im Sinne von §21 MsBG sind bei den intelligenten Messsystemen (iMSys) noch nicht vollständig verfügbar. Um einen zeitnahen Rollout trotzdem zu ermöglichen, führt der Gesetzgeber einen „agilen Rollout“ für Verbraucher bis einschließlich 100.000 kWh oder bis 25kW installierter Leistung ein, auch wenn die Geräte nicht den vollen Funktionsumfang zur Verfügung stellen. Die Idee ist hier, dass der volle Funktionsumfang ab 2025 per Anwendungsupdate nachgeliefert werden muss.

Änderung der Kostenverteilung für Entgelte des Messstellenbetriebs

Die Preisobergrenzen für die Entgelte des Messstellenbetriebs bleiben wie bisher erhalten. Es ändert sich aber die Kostenverteilung der Messentgelte. Zukünftig werden die Netzbetreiber an den Kosten für den Messstellenbetrieb mit bis zu 80 € beteiligt, da sie aus Sicht des Gesetzgebers im besonderen Maße vom iMSys-Rollout profitieren. Für die meisten Haushalts-Verbraucher (≤ 10.000 kWh Verbrauch) und Kleinanlagenbetreiber (≤ 15 kW installierte Leistung) soll die Preisobergrenze für iMSys auf 20 €/a gesetzt werden, analog zu den modernen Messeinrichtungen (mME)-Entgelten.

Kategorie jährliches Entgelt Messstellenbetrieb Anteil Anschlussnetzbetreiber (brutto) Anteil Anschlussnutzer (brutto)
Verbrauch > 100.000 kWh angemessen 80 € Rest
Verbrauch > 50.000 und ≤ 100.000 200 € 80 € 120 €
Verbrauch > 20.000 und ≤ 50.000 170 € 80 € 90 €
Verbrauch > 10.000 und ≤ 20.000 130 € 80 € 50 €
Verbrauch > 6.000 und ≤ 10.000 100 € 80 € 20 €
Verbrauch optional > 3.000 und ≤6.000 60 € 40 € 20 €
Verbrauch optional ≤ 3.000 30 € 10 € 20 €
steuerbare Verbrauchseinrichtung / Netzanschluss 130 € 80 € 50 €
installierte Leistung > 100 kW angemessen 80 € Rest
installierte Leistung > 25 kW und ≤ 100 kW 200 € 80 € 120 €
installierte Leistung > 15 kW und ≤ 25 kW 130 € 80 € 50 €
installierte Leistung > 7 kW und ≤ 15 kW 100 € 80 € 20 €

Zusätzlich werden nun Standard- und Zusatzleistungen des Messstellenbetriebs genauer definiert. Die Zusatzleistungen umfassen z.B. die Anbindung des Smart-Meter-Gateway (SMGW) für andere Sparten & Spezialfälle, die Übertragung von Netzzustandsdaten oder die Datenkommunikation für den Regelenergiemarkt. Statt eines angemessenen Entgeltes für diese Zusatzleistungen sind nun konkrete Preisobergrenzen vorgegeben.

Interessant ist hier auch die Änderung, dass jedes iMSys pauschal viertelstundenscharf bilanziert wird. Dies soll auch als Vorbereitung für die Einführung dynamischer Stromtarife gelten. Als Konsequenz entfällt damit vermutlich auch der Prozess zur Änderung der Prognosegrundlage, ausgehend vom Lieferanten (Stichwort Wahlrecht). Dieser konnte nämlich, sofern er dem Endkunden einen passenden Tarif anbieten wollte und dieser in der Verbrauchskategorie zwischen 6.000 und 10.000 kWh lag, die Prognosegrundlage auf Basis von Werten (Lastgänge) umstellen. Dies löste beim Messstellenbetreiber eine Umstellung der Bilanzierungsgrundlage auf Registrierende Leistungsmessung (RLM) aus. Der Entfall dieses Prozesses würde die Marktkommunikation in diesem Aspekt weiter vereinfachen, da auch der Netzbetreiber nun nicht mehr prüfen muss, ob das Wahlrecht an der Marktlokation gegeben ist.

Einführung dynamischer Stromtarife

Smart-Meter sind die Grundlage für die Einführung dynamischer Stromtarife. In diesen Tarifen geht es darum, dass dem Kunden keine Strom-Fixpreise mehr angeboten werden, sondern dass sich der Strompreis für den Kunden mehrmals täglich ändert. Dabei bietet der Energieversorger bspw. Spot-Markt-Preise im Viertelstundentakt oder Stundentakt an. Die Idee dahinter ist, dass ein Verbraucher gegebenenfalls zu günstigen Zeiten mehr Strom verbraucht (und damit potenziell Geld spart) und zu teuren Zeiten seinen Stromverbrauch reduziert. Das könnte theoretisch eine indirekte Steuerung der Netze und des Verbrauchs erwirken. Es stellt sich für Verbraucher natürlich die Frage nach dem realen Mehrwert und dem investierten Aufwand, genauso wie für die Anbieter dynamischer Stromtarife.

Entscheidend ist nun, dass die De-Minimis-Schwelle ab 2025 abgeschafft wird. Damit sind ab 2025 alle Energieversorger verpflichtet, dynamische Stromtarife anzubieten. Die Voraussetzungen hierfür sollen auch mit dem neuen Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende geschaffen werden: agiler Rollout, Einbau der Hardware, viertelstundenscharfe Bilanzierung sowie die netzseitige Netzzustandsüberwachung.

Digitaler Netzanschluss

Mittels § 22 soll die Möglichkeit zum Einbau des SMGWs am Grundsatz des Netzanschlusspunkts gestärkt werden. Das Ziel ist, möglichst viele mME-Geräte (moderne Mess-Einrichtungen) mit dem SMGW verbinden. Bisher war dies auch ein Diskussionspunkt (Stichwort Anbindungsverpflichtung). Demnach müssen mME-Geräte von Erzeugungsanlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) an ein neu eingebautes SMGW angebunden werden. Dabei zahlt der Kunde keine Mehrkosten für diese Anbindung (er bleibt bspw. bei 20 € mME-Entgelt, obwohl ein iMSys verbaut wurde). Jetzt wird präzisiert, was mit der Formulierung „..soweit die Anbindung technisch möglich ist“ gemeint ist. Konkret geht es darum, dass keine erheblichen baulichen Veränderungen dafür erforderlich sind, insbesondere wenn die Leitungsanbindung unkritisch oder eine drahtlose Anbindung möglich ist. Dabei ist es irrelevant, ob das SMGW im Zuge eines Pflichteinbaus oder eines anderen Grundes erfolgt.

Standardisierung des BSI konzentriert sich auf SMGWs als sichere Kommunikationsplattform

Um den Rollout weiter zu beschleunigen und zu entbürokratisieren, soll sich das BSI zukünftig auf die Vorgaben und Standardisierungen des SMGWs kümmern. Die Standards für Steuereinheiten, Ladeeinrichtungen, Wärmepumpen oder energiewirtschaftliche Prozesse sollen im Aufgabenbereich der Wirtschaft liegen – in Form von Standardisierungspartnerschaften zwischen BSI, Normgebern der Wirtschaft und Forschungsprojekten.

Die sichere Lieferketten-Regelung soll aufgeweicht werden, so dass explizit Kurier-, Express- oder Paketversand spätestens zum 31.12.2023 ermöglicht wird. Entsprechend werden die Regelungen zu Schutzprofilen oder der technischen Richtlinie vermutlich angepasst.

Neue Rolle Auffangmessstellenbetreiber

Sollte die Übertragung der Grundzuständigkeit für den Messstellenbetrieb von mME und iMSys scheitern, tritt die neue Rolle Auffangmessstellenbetreiber ein. Der Gesetzgeber möchte hier in Form eines Notbetriebs durch den Auffangmessstellenbetreiber sicherstellen, dass der Rollout fortgesetzt werden kann.

Fazit

Mit dem Beschluss des Neustarts der Digitalisierung der Energiewende wurden die Weichen für einen beschleunigten iMSys-Rollout und damit für die dringend notwendige Smartifizierung der Energienetze gestellt. Die tatsächliche Entwicklung bleibt aber spannend, ebenso welche Möglichkeiten und Herausforderungen sich für die Energiewirtschaft hieraus noch ergeben werden.

 

Mehr zum Thema Smart Meter und Smart Energy erfahren Sie hier: gisa.de/smartenergy

Auch interessant: Unsere Pressemeldung GISA befürwortet Neustart

Martin Knoth

Martin Knoth

Martin Knoth ist Consultant für die Energiewirtschaft und arbeitet seit 2011 bei der GISA. Er hat dabei diverse Projekte in den Rollen Entwickler, Berater und Teilprojektleitung begleitet, u.a. Einführungsprojekte SAP Common Layer, Datenformatsanpassungen, Optimierungsprojekten oder die Einführung von SAP MOS Billing. Seinen Schwerpunkt legt er in übergreifende Prozessberatung, fachliche & technische Optimierung und Redesign von Prozessen, Anwendungsbetreuung sowie aktuelle gesetzliche Themen.

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