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Redispatch 2.0: Neue Aufgaben für Netzbetreiber

Am 1. Oktober 2021 tritt die Neuregelung des Netzengpassmanagements, kurz Redispatch 2.0, in Kraft. Diese umfasst umfangreiche Änderungen insbesondere im EnWG, EEG, KWKG und den zugehörigen Verordnungen. Damit bildet Redispatch 2.0 neben dem NABEG 2.0 einen weiteren wesentlichen Schwerpunkt des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus, welches Mitte Mai 2019 in Kraft getreten ist.

Überblick des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus

Abbildung 1: Überblick des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus

Redispatch bedeutet die durch den Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) veranlasste, kurzfristige Veränderung der Kraftwerkseinsatzplanung (sog. Dispatch) zur Vermeidung von Netzengpässen. Dafür erstellt der ÜNB bisher auf Basis aller Fahrpläne eine Lastflussberechnung.

Identifiziert der ÜNB nun einen Engpass in einem bestimmten Leitungsabschnitt aufgrund der gemeldeten Fahrpläne, passt er die Kraftwerkseinsatzplanung an. Bisher sind nur Anlagen ab einer Nennleistung von 10 MW zur Anpassung ihrer Einspeisung verpflichtet.

WAS ÄNDERT SICH?

Künftig gilt die Verpflichtung zur Anpassung für alle Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung von elektrischer Energie ab 100 kW, sowie für Anlagen, die jederzeit durch den Netzbetreiber fernsteuerbar sind (§ 13a EnWG, gültig ab 01.10.2021).

Kern dieser umfassenden Änderungen sind die Überführung der Regelungen zum Einspeisemanagement von EE- und KWK-Anlagen im EEG und KWKG ins EnWG, die Streichung der §§14, 15 und 18 EEG 2017 und entsprechende Anpassung der §§ 13, 13a und 14 EnWG.

Ziel des Redispatches 2.0 ist es, die Netzführung zu optimieren und die Kosten für die Behebung von Netzengpässen zu reduzieren. Und das, über alle Netzebenen.

Damit kommen eine Reihe neuer Prozesse und Aufgaben auf den Netzbetreiber und den Anlagenbetreiber zu.

Übersicht Aufgabenumfang

Abbildung 2: Übersicht Aufgabenumfang

Alle Netzbetreiber müssen mindestens die Marktprozesse und Datenformate zum Stammdatenaustausch umsetzen, auch für Anlagen die keine Anlagen im Sinne des §13a EnWG sind. Hat der Netzbetreiber §13a EnWG-Anlagen in seinem Netz, so sind weitere Daten wie Nichtbeanspruchbarkeiten, Planungsdaten, Kosten für die Hoch-/Abregelung oder die marktbedingte Anpassung der Fahrweise durch den Anlagenbetreiber zwischen den Netzbetreibern untereinander und anderen Marktrollen auszutauschen.

Sobald im Netz des Netzbetreiber §13a EnWG-Anlagen angeschlossen sind, muss er eine vorausschauende Netzzustandsanalyse (eigene Engpässe, Maßnahmen, Redispatch-Potenziale) erstellen. Auch wenn ein Netzbetreiber in seinem Netz keine Engpässe regulieren muss, muss er im Rahmen der Netzbetreiberkoordination Einspeiseprognosen und Redispatch-Potenziale ausweisen.

Im Redispatch 2.0 spielt die Netzbetreiberkoordination eine wesentliche Rolle. Für die Behebung eines Netzengpasses tauschen Netzbetreiber nicht nur Daten, Prognosen und RD-Potenziale aus. Vielmehr sind die Planung und der Abruf der RD-Maßnahme ein gemeinsamer Koordinierungsprozess und erfolgt rollierend.

Ablauf Redispatch - vereinfachte Darstellung

Abbildung 3: Ablauf Redispatch – vereinfachte Darstellung

Mit dem Abruf einer Redispatch-Maßnahme kommen weitere Verpflichtungen auf den Netzbetreiber zu. So ist die Maßnahme zu wählen, die voraussichtlich insgesamt die geringsten Kosten verursacht . Dabei trägt der verursachenden Netzbetreiber die Kosten für den bilanziellen und finanziellen Ausgleich. Um den bilanziellen Ausgleichs durchzuführen, sind Netzbetreiber verpflichtet, einen gesonderten Bilanzkreis (Redispatch-Bilanzkreis) zu führen.

Erweiterte Bilanzierungsprozesse

Abbildung 4: Erweiterte Bilanzierungsprozesse

REDISPATCH 2.0 MIT AUSWIRKUNGEN FÜR NAHEZU ALLE NETZBETREIBER

Für jene Netzbetreiber, die zum heutigen Stand „nur“ Stammdaten austauschen müssten, da sie keine gemäß §13a EnWG-Anlage in ihrem Netz haben, sollten sich den Entwurf für das Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften im Blick haben.
So sollen nach §9 EEG (S. 14 ff.) Anlagen und KWK-Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 1kW mit technischen Einrichtungen ausgestattet werden, die es dem Netzbetreiber oder dem Berechtigten ermöglicht, über ein iMS Ist-Einspeisung abzurufen und die Einspeiseleistung fernsteuerbar zu regeln. Und das sobald die technische Möglichkeit dafür besteht, werden alle Anlagen, die heute nicht fernsteuerbar sind, mit diesen ausgestattet. Für Bestandsanlagen soll eine Übergangsfrist von 5 Jahren nach Bekanntgabe der Verfügbarkeit technischer Einrichtungen durch das BSI gelten.

UMSETZUNG ÄHNLICH KNAPP WIE MAKO 2020 – NUTZEN SIE DIE VERBLEIBENDE ZEIT!

Laut Entwurf soll dieses Gesetz bereits mit dem Jahreswechsel 2021 und folglich vor dem Redispatch in Kraft treten. Damit würden faktisch alle EEG und KWK-Anlagen ab dem Einbau fernsteuerbar sein und somit unter §13a EnWG fallen.

Die Beschlüsse zu den Festlegungsverfahren zum Redispatch (Informationsbereitstellung, Netzbetreiberkoordinierung, bilanzieller Ausgleich, massengeschäftstauglichen Kommunikationsprozessen) sind für Oktober bzw. November dieses Jahres erwartet. Mit Blick auf den 1. Oktober 2021 und den noch ausstehenden Festlegungen wird die Umsetzung der Anforderung ähnlich sportlich wie bereits die Umsetzung der Marktkommunikation 2020.

Netzbetreiber sollten die Zeit nutzen um im Unternehmen für die neuen Prozesse und Anforderungen zu sensibilisieren, die grundsätzlichen Aufgaben für sich, Auswirkungen auf die eigenen Prozesse, IT und Organisation zu identifizieren.

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Wir beraten Sie bei der IT-Umsetzung der geänderten Prozesse von der Konzeption bis zur Umsetzung. Wenden Sie sich bei Fragen gern an Dr. Marisa Mäder-Heinrich, Head of Consulting Smart Utilities bei GISA, unter: Marisa.Maeder-Heinrich@gisa.de.

Arlett Heinemann

Arlett Heinemann

Arlett Heinemann hat an der Universität Leipzig erfolgreich Wirtschaftswissenschaften studiert. Nach ihrem Studium war sie Business Consultant für ein Beratungs- und Softwarehaus in der Energiebranche. Seit Ende 2017 ist Arlett Heinemann im Team Smart Utility Solutions tätig und berät Stadtwerke unter anderem in ihrer IT-Strategie mit dem Ziel, die Herausforderungen der Digitalisierung für sich gewinnbringend zu nutzen.

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