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Human-centred-Design Teil 6: Prototyping

Prototypen sind aus den verschiedensten Anwendungsbereichen bekannt. In der Architektur, im Automobilbau oder der Produktentwicklung wäre ein Produkt-Rollout ohne vorhergehendes Prototyping undenkbar. So dauerte die Entwicklung des ersten beutellosen Staubsaugers von Dyson 5 Jahre in denen sage und schreibe 5.127 Prototypen entstanden und wieder verworfen wurden[1].

Ziel des Prototypings ist es Ideen, Funktionen und Inhalte zu visualisieren und grafisch „be-greifbar“ und erlebbar zu machen. Designer, Manager, Entwickler, Kunden und End-Nutzer können Prototypen nutzen, um einen ersten Eindruck von einer Anwendung zu erlangen, diese zu reflektieren, zu evaluieren und gemeinsam weiter zu entwickeln.

WAS IST EIN PROTOTYP?

Ein Prototyp kann fast alles sein, von einer Reihe von Skizzen, die verschiedene Bildschirme darstellen, bis hin zu einer pixelgenauen Vorschau der künftigen Bedienoberfläche.

Nach Beaudouin-Lafon und Mackay lassen sich Prototypen nach vier Kriterien unterscheiden[2]:

  • Repräsentation
    beschreibt die Form des Prototypen (realisiert als Papier-Skizzen oder Computersimulation)
  • Präzision
    beschreibt den Detailgrad des Prototypen (grob skizziert oder detailliert ausgearbeitet)
  • Interaktivität
    beschreibt das Ausmaß, in dem der Benutzer mit dem Prototypen interagieren kann (nur Visualisierung oder vollständig interaktiv)
  • Evolution
    beschreibt die erwartete Lebensdauer des Prototyps (Wegwerfprototyp oder iterative Weiterentwicklung des Prototypen).

WIE ENTSTEHT EIN PROTOTYP?

Alles beginnt mit Ideenskizzen. Sketches bzw. Scribbel sind der erste Schritt zu einer finalen Gestaltungslösung. Beim Scribbeln geht es darum, aufzuzeigen, welche Elemente auf der Anwendung zu finden sind und wo sie platziert werden können. Es geht darum eine visuelle Basis zu schaffen, die schnell und einfach immer wieder angepasst werden kann. Aus den verschiedenen Versionen kann dann die Option gewählt werden, die aus Nutzersicht am vielversprechendsten ist.

Im nächsten Schritt entstehen Wireframes. Sie sind die Weiterentwicklung der Sketchesund verdeutlichen die Positionierung und Gliederung von Elementen. Im Gegensatz zu Sketches werden aber exakte Positionen festgelegt und die Größe der Elemente wird beachtet.

Anschließend werden die Elemente entsprechend der Vorgaben (z. B. Corporate Design, Styleguides) designt. Dabei geht es um die farbliche Ausgestaltung der Bedienelemente, aber auch um die Form der Elemente. Durch die farbliche Ausgestaltung werden Wireframes zu Mockups und nähern sich dem finalen Endprodukt.

WARUM SOLLTEN SIE PROTOTYPEN EINSETZEN?

Häufig wird bei der Softwareentwicklung zu früh auf detailgetreu ausgearbeitete Designentwürfe oder gar die Implementierung der finalen Anwendung gesetzt. Angemessener ist die Umsetzung von Benutzeranforderungen zunächst in Papierprototypen und später in Wireframes und Klickprototypen, die unter Einbeziehung der zukünftigen Benutzer iterativ evaluiert und optimiert werden. Mit kleinen Benutzergruppen lassen sich erste Ideen oder Funktionen überprüfen.

Ein weiterer Vorteil liegt in der frühen Veranschaulichung von Gestaltungsentwürfen, die helfen Konzepte und Ideen zu bewerten und zu überdenken. Prototypen unterstützen die Kreativität, die Entwickler bei der Erfassung und Entwicklung von Ideen und erleichtern die Kommunikation im Projektteam. Durch Prototyping können Vor- und Nachteile verschiedener Entwürfe erkannt und gegeneinander abgewogen werden. Dies führt zu einer hohen Qualität und Nutzerfreundlichkeit von Produkten.

Mehr zu Human-centered-Design? Hier geht’s zu Teil 7.

[1] „Die Dyson Story“. Abgerufen am 17.06.2019 von https://www.dyson.at/community/uber-dyson.aspx

[2] Beaudouin-Lafon, M., Mackay, W.E.: Prototyping Tools and Techniques. In: Jacko, J.; Sears, A. (eds.) The human-computer interaction handbook: fundamentals, evolving technologies and emerging applications, pp. 1006-1032. Lawrence Erlbaum Associates, Hillsdale (2003).

Irka Schneider

Irka Schneider

Irka Schneider ist im Bereich User Experience & Portale als UX Designerin und Usability Engineer bei GISA tätig. Sie ist Wirtschaftspsychologin mit den Schwerpunkten Konsumenten- und Ingenieurpsychologie. Seit 2004 ist sie als Usability Professional tätig. Zuletzt arbeitete sie bei der Technische Informationsbibliothek (TIB), der weltweit größten Spezialbibliothek für Technik und Naturwissenschaften, im Forschungs- und Entwicklungsbereich.

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